Blitzstrommessung am Gaisberg

Mastspitze Sender Gaisberg mit Blitzfangstangen und darunterliegendem Messwiderstand

Messaufbau

Zur Erfassung der Blitzeinschläge in die Mastspitze wurden an der Mastspitze ein Sensor zur direkten Messung des Stromes installiert.

Der Blitz schlägt in die Fangeinrichtung an der Mastspitze ein und der gesamte Blitzstrom fließt unmittelbar über den speziellen, breitbandigen Messwiderstand (Shunt) von 0,25 mΩ zu den Ableitungen der Blitzschutzanlage. Das Messsignal (Spannungsabfall am Shunt) wird aus Beeinflussungsgründen sofort an der Mastspitze in ein optisches Signal umgesetzt und über Lichtwellenleiter in das ORF-Betriebsgebäude neben dem Mast übertragen.

Damit ein möglichst großer Bereich an Blitzstromamplituden abgedeckt werden kann, sind bei der Strommessung zwei getrennte Kanäle mit unterschiedlicher Empfindlichkeit aufgebaut:

  • Kanal 1: 0 kA bis ±2 kA — zur Messung der sog. Leader- und Langzeitströme
  • Kanal 2: 0 kA bis ±40 kA — zur Messung der großen Stoßströme

Die gesamte Messwertaufzeichnung wird mit Hilfe einer GPS-Uhr zeitlich synchronisiert und kann somit auch eindeutig den Ortungsdaten des ALDIS-Systems gegenübergestellt werden.

Alle Einrichtungen zur Datenaufzeichnung sind im Betriebsgebäude des ORF untergebracht.

Die Aufzeichnung der Messsignale erfolgte bis 2012 mit PC-Signalerfassungskarten mit einer Abtastrate von 20 MS/s (Strommessung) über eine Aufzeichnungsdauer von 0,8 Sekunden. Die maximale Totzeit zwischen zwei Triggerungen betrug ca. 20 Sekunden. Diese Zeit wurde benötigt, um alle Daten (32 MB je Triggervorgang) auf die lokale Festplatte zu transferieren, bevor das Messsystem den nächsten Einschlag aufzeichnen konnte. Seit 2013 ist eine völlig neues Messwertaufzeichnung mit höherer Abtastrate und besserer vertikaler Auflösung (12-bit statt 8-bit) im Einsatz.

Die gewählte Methode der kontinuierlichen Messwerterfassung über eine Zeit von 0,8 Sekunden erlaubt es, alle Vorgänge — vom Einsatz der Leitblitzentwicklung bzw. der Fangentladung bis zum letzten Teilblitz — vollständig aufzuzeichnen.

Der gesamte Messaufbau ist für automatischen Betrieb und Fernwartung über einen Internetanschluss eingerichtet.

Blitzstromverlauf Aufwärtsblitz

Schematischer Stromverlauf eines Aufwärtsblitzes mit 2 Return- Strokes (RS)

Die Entladung beginnt mit einem so genannten „Initial Continuous Current (ICC)” mit einer Amplitude von einigen 100 Ampere und einer Dauer von einigen 100 Millisekunden. Häufig werden nach dem ICC nach einer stromlosen Phase von mehreren Millisekunden ein oder mehrere „Return Strokes” beobachtet. Diese sind vergleichbar mit den Folgeblitzen bei klassischen Abwärtsblitzen.

Stromverlauf eines Return Strokes in einem Aufwärtsblitz

Daher sind es genau diese Return Strokes, die für die Blitzforschung von größtem Interesse sind. Messungen an Blitzen in hohe Türme, wie den Sender am Gaisberg, oder bei getriggert Blitzen sind die einzige Möglichkeit, den Strom bei einem Blitzeinschlag direkt zu messen und Information über deren Kenngrößen (Amplitude, Ladung etc.) zu sammeln.
Return Strokes haben typisch einen sehr raschen Anstieg des Stromes innerhalb von 1 µs - 2 µs. Damit verbunden sind entsprechend große zeitliche Feldänderungen, die auf Grund des Induktionsgesetzes zur Einkopplung großer Spannungen in technischen Anlagen führen und diese daher zerstören können. 

Initial Continuing Current (ICC) mit impulsförmig überlagertem Stromimpuls (ICC Pulse)

Dem Initial Continuing Current (ICC) sind häufig impulsförmige Ströme (ICC Pulse) überlagert, die sehr unterschiedliche Kurvenformen aufweisen können. Manche entsprechen eher dem Typ so genannter M-Komponenten und andere wieder eher dem Type von Return-Strokes. Als M-Komponenten werden allgemein Stromimpulse bezeichnet, die während eines Langzeitstromes im Anschluss an einen Return-Stroke auftreten.

Es wurde bisher eine erhebliche Anzahl von Entladungen registriert, die praktisch keine ICC Impulsströme haben, sondern aus Strömen von einigen 100 A über eine Zeitdauer von mehreren 100 ms bestehen. Obwohl die Amplituden in diesen Fällen vergleichsweise gering sind, können auch bei dieser Entladungsform erhebliche Ladungsmengen zwischen Wolke und Erde ausgetauscht werden.